Inverse Zinsstrukturkurve – viele Berichten darüber! Wie ist der Status quo? Welche weitere Strukturen sind noch bekannt?
Vieles liest und hört man aktuell darüber: Die inverse Zinsstrukturkurve. Doch sind wir wirklich dem drohenden Szenario ausgesetzt oder wird es einfach als eine Art Aufhänger genommen um viele Hühner scheu zu machen?
Vorerst möchte ich noch über die grundsätzlichen Zinsstrukturen berichten. Es gibt drei Arten von diesen:
- die normale Zinsstrukturkurve
- die flache Zinsstrukturkurve
- die inverse Zinsstrukturkurve
Jede von diesen hat eine gewisse Aussagekraft.
In der Regel findet man die normale Zinsstrukturkurve vor. Deren Eigenschaft bzw. Aussagekraft ist, dass die kurzfristigen Zinsen am Kapitalmarkt bei weitem niedriger sind als die langfristigen Zinsen. Dies gilt sowohl bei der Kapitalanlage als auch bei der Darlehensaufnahme. Kurzum bedeutet dies, dass du z. B. für ein Darlehen mit einer Laufzeit von 5 Jahren weniger Zinsen in Prozent zahlen musst als auf 10 Jahre. (z. B. 5 Jahre Darlehenszins bei 1,3% und 10 Jahre Darlehenszins 2%). In der Kapitalanlage ist es das gleiche. Dies ist so, da man langfristig von steigenden Zinsen ausgeht und jetzt ein günstigeres Darlehen auf 10 Jahre bekommt als vielleicht in einem halben Jahr. In diesem Konjunkturzyklus befinden wir uns zumeist in einem Aufschwung und gehen einher mit steigenden Börsen.
Bei der flachen Zinsstrukturkurve ist dies ähnlich, allerdings wie es der Name schon sagt, wird der sogenannte Spread, also der Unterschied, zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen geringer ausfallen als in der normalen Zinsstrukturkurve. Ich nehme hier nochmals das oben genannte Beispiel mit dem Darlehen. Dort wirst du bei einem Darlehen auf 5 Jahre einen Zins von z.B. 1,7% und bei einem Darlehen auf 10 Jahre 2% zahlen müssen. Die flache kann, muss aber nicht, ein erster Indikator auf sich verändernde Zinslandschaften sein. Diese können z. B. am Ende von konjunkturellen Boomphasen eintreten, um eventuelle Überhitzungen von Konjunkturen anzudeuten. Wie schon gesagt, dies ist ein ein KANN – und kein MUSS Indikator.
Nun zu der schon in der Überschrift beschriebenen inversen Zinsstrukturkurve. Bei dieser ist das“normale Zinsgefüge“ nicht mehr vorhanden. Das bedeutet im Klartext, dass du auf kurzfristige Darlehen mehr zahlen musst, als auf langfristige Darlehen. In der Kapitalanlage ist es ebenso. Bei der inversen Zinsstrukturkurve erhältst Du höhere Zinsen bei kurzfristigen Anlagen als bei langfristigen Anlagen. Dies ist in der Historie ein volkswirtschaftlich sehr treffsicherer Indikator für kommende Rezessionen gewesen. Eine inverse Zinsstruktur entsteht dann, wenn man künftig von fallenden Zinsen am Kapitalmarkt ausgeht und somit die Nachfrage nach z. B. langfristigen Anleihen um einiges höher ist als nach kurzfristigen Anleihen und somit die Kurse der langfristigen Anleihen in die Höhe schnellen und somit gleichzeitig die Renditen schmälern. Inverse Zinsstrukturen waren in der Vergangenheit am Ende von Boomphasen bzw. am Anfang von Rezessionsphasen vorhanden. Man spricht auch davon, dass die Marktteilnehmer das Vertrauen in den Markt verloren haben.
„Denn wer will schon investieren, wenn man von fallenden Zinsen am Kapitalmarkt ausgeht?“ Lieber warte ich mit meiner Darlehensaufnahme, da ich doch die Chance habe in einem halben Jahr einen günstigeren Zinssatz zu ergattern. Ich denke, dass man dieses Phänomen ähnlich zu einer aufkommenden Deflation sehen kann. Dort wird auch weniger investiert, da man das Kaufobjekt eventuell in einem halben Jahr günstiger kaufen kann als jetzt.
Nun zum Status quo – wie sieht es denn aktuell aus? Für mich stellt der beste Maßstab die Zinsstrukturkurve von Amerika dar, da Amerika immer noch der bestimmende Wirtschaftsmotor der globalen Weltwirtschaft ist.
Anbei ein Bild zu den aktuellen Renditen der amerikanischen Anleihen:
In dieser ist ganz klar ersichtlich, dass die aktuelle Zinsstruktur für meine Begriffe sehr flach ist. Die Rendite der 7 jährigen Anleihe ist eigentlich schon auf dem Niveau der 10 jährigen Anleihe. Die Anzeichen deuten also tatsächlich darauf hin, dass eine inverse Zinsstruktur von Amerika auf uns zukommen kann.
Es verstärkt sich sogar noch weiter, wenn man mal 2 Jahre in die Vergangenheit blickt.Vor 2 Jahren rentierte die 5 jährige Staatsanleihe bei glatt 1% und die 10 jährige Anleihe bei 1,45%. Dies ist ca. ein Unterschied von 45%, also eine normale Zinsstruktur. Nun, 2 Jahre später, schmolz der Spread von 45% auf nur noch knappe 5% zusammen!! Für mich ist ein Ende des schrumpfenden Spreads nicht zu erkennen…
Sollte es in dieser Geschwindigkeit weitergehen, werden vielleicht die Renditen der 5 jährigen Staatsanleihen bereits die 10 jährigen Staatsanleihen in ein paar Monaten überschreiten. Von den 7 jährigen möchte ich nun gar nicht sprechen, da dort für mich schon kein Unterschied mehr besteht. Sollte dieses Szenario so fortschreiten, dann dauert es ebenfalls nicht mehr lange, bis die 2 jährigen die 10 jährigen Staatsanleihen überholt haben.
Ich möchte hier nicht sagen das uns eine inverse Zinsstrukturkurve ins Haus stehen wird, ich möchte euch aber darauf sensibilisieren, dass die Anzeichen nicht von der Hand zu weisen sind.
Die letzte inverse Zinsstruktur war im Jahr 2007 zu beobachten. Ich kann mich noch gut an diese Zeit erinnern. Dort haben Banken mit Tagesgeldzinsen von 5% und mehr geworben!! Auf einen klassischen Sparbrief auf 5 Jahre gab es aber nur 4,8%!! Danach kam es neben der drohenden Rezession auch noch zur Pleite vieler US Investmentbanken, die diese Rezession in eine wirtschaftliche Depression verwandelten.
Eine inverse Zinsstruktur war in der Vergangenheit, nicht nur 2007, ein sehr verlässlicher Indikator für drohende Rezessionen und damit einhergehende Börsenrückschläge bzw. sogar Börsencrashs.
Falls Ihr der Meinung seit, dass uns eine Rezession und damit fallende Börsen ins Haus stehen, dann ist vielleicht eine gewisse Menge an Cash nicht die verkehrteste Variante. Danach können sich vielleicht fantastische Chancen ergeben.